+++ Newsticker Wissenschaft #71 +++ Jasmonat +++

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Cellulose-Mangel in kor1-mutierten Wurzeln führt zu erhöhten JA-Konzentrationen (gelbe Punkte) in endodermalen und Perizykel-Zellen der frühen Differenzierungszone der Wurzel. Dies ist eine Folge der vergrößerten Kortexzellen, die das innere Gewebe zusammendrücken und eine mechanische Kompression verursachen. Im Gegenzug hilft die konstitutive JA-Ile-Produktion, das kor1-Wurzelwachstum in Regionen mit höherer Wasserverfügbarkeit zu lenken. Die Wurzelzellwände sind in Magenta dargestellt. Skalenbalken, 200 µm.

Wenn der Turgordruck steigt: Mechanische Kompression löst Jasmonatproduktion aus.

Das Phytohormon Jasmonat-Isoleucin  (JA-Ile) ist ein entscheidender Koordinator von pflanzlichen Wachstums- und Stressreaktionen. Es sorgt nicht nur für eine erfolgreiche Fortpflanzung, sondern ist auch essentiell für den Schutz der Pflanzen vor Herbivoren und nekrotrophen Pathogenen. Trotz dieser weitreichenden Funktionen für Überleben und Fitness der Pflanze ist das intrazelluläre Startsignal für die Biosynthese des Phytohormons noch nicht bekannt. IPB-Wissenschaftler/innen haben nun den überzeugenden genetischen Beweis erbracht, dass die mechanische und osmotische Regulierung des Turgordrucks ein Schlüsselauslöser der JA-Ile-Biosynthese ist. Dr. Debora Gasperini und ihr Team fanden heraus, dass vergrößerte Wurzelzellen mit schwachen Zellwänden benachbarte Gewebe zusammendrücken und so die Produktion des Stresshormons anregen.

Pflanzenzellen weisen im  Gegensatz zu tierischen Zellen einen hohen Turgordruck auf, der durch den Gradienten des osmotischen Potentials über der Plasmamembran generiert und durch die Zellulose-Mikrofibrillen der Pflanzenzellwände im Gleichgewicht gehalten wird. Pflanzenzellen mit gestörter Zelluloseproduktion können dem hohen intrazellulären Turgordruck nicht mehr effizient entgegenwirken, was oft zu geschwollenen Zellen führt. Für ihre Studie verwendeten die Hallenser Pflanzenforscher die Arabidopsismutante KORRIGAN 1 (kor1), die sich durch eine gestörte Zellulose-Biosynthese und konstitutiv hohe JA-Ile-Spiegel in der frühen Differenzierungszone der Primärwurzel auszeichnet.

Erstautor Stefan Mielke fand heraus, dass kor1-Wurzeln im Vergleich zu Wildtyppflanzen deutlich verdickt sind und wesentlich größere Kortexzellen aufweisen. Nach Mielkes Befunden fand die konstitutive JA-Ile-Produktion zudem nicht in den geschwollenen Kortexzellen, sondern in den angrenzenden inneren endodermalen und Perizykelzellen statt. Das Team stellte daher die Hypothese auf, dass die JA-Ile-Produktion von den vergrößerten Kortexzellen herrühren könnte, die das innere Gewebe mechanisch zusammendrücken.

Die Reduzierung der Kortexzell-Größe auf drei verschiedenen Wegen sorgte dann in der Tat für die komplette Unterbrechung der konstitutiven JA-Ile-Produktion und damit für die Bestätigung der Hypothese. So konnten zum Ersten die hohen JA-Ile-Spiegel der kor1-Mutante unterdrückt werden, indem man die Wildtyp-KOR1-Funktion in den Kortexzellen  wiederherstellte; dieser Effekt bleib jedoch aus bei Wiederherstellung von KOR1 in den endodermalen oder Perizykelzellen. Zum Zweiten identifizierten die IPB-Pflanzenforscher einen genetischen Suppressor des mutierten kor1-Genes. Und drittens konnte der Turgordruck der Mutanten auch durch eine hyperosmotische Behandlung reduziert werden. Auch hier schwollen die Kortexzellen wieder ab und die JA-Ile-Konzentrationen sanken wieder auf Wildtyp-Niveau. Umgekehrt führte eine hyposmotische Behandlung bereits bei Wildtyppflanzen zu vergrößerten Zellen und zur Aktivierung des JA-Ile-Signalwegs in genau jenen Regionen, wie in den kor1-Wurzeln.

Diese Ergebnisse, so die Hallenser Wissenschaftler, könnten ebenso für andere Stressfaktoren wie mechanische Verwundung und Insektenfraß relevant sein; denn auch hier erfolgt eine Veränderung der osmotischen Potentiale und des Turgordrucks. Interessanterweise erwies sich die konstitutive JA-Ile-Produktion der kor1-Mutante als vorteilhaft, denn sie sorgte dafür, dass die Wurzeln der Pflanze gezielt in Areale mit größerer Wasserverfügbarkeit wuchsen. Obgleich die molekularen Mechanismen dieses Prozesses noch geklärt werden müssen, tragen die erzielten Ergebnisse dazu bei, Strategien zur verbesserten Trockenstressresistenz von Pflanzen zu entwickeln.

Originalpublikation:
Stefan Mielke, Marlene Zimmer, Mukesh K. Meena, René Dreos, Hagen Stellmach, Bettina Hause, Cătălin Voiniciuc & Debora Gasperini. Jasmonate biosynthesis arising from altered cell walls is prompted by turgor-driven mechanical compression. Science Advances 7, no. 7, eabf0356. DOI: 10.1126/sciadv.abf0356

Cellulose-Mangel in kor1-mutierten Wurzeln führt zu erhöhten JA-Konzentrationen (gelbe Punkte) in endodermalen und Perizykel-Zellen der frühen Differenzierungszone der Wurzel. Dies ist eine Folge der vergrößerten Kortexzellen, die das innere Gewebe zusammendrücken und eine mechanische Kompression verursachen. Im Gegenzug hilft die konstitutive JA-Ile-Produktion, das kor1-Wurzelwachstum in Regionen mit höherer Wasserverfügbarkeit zu lenken. Die Wurzelzellwände sind in Magenta dargestellt. Skalenbalken, 200 µm.

Diese Seite wurde zuletzt am 19 Mar 2025 geändert.