

Protein-ADP-Ribosylierung in der pflanzlichen Stressantwort
Eine in Pflanzen kaum charakterisierte post-translationale Proteinmodifikation ist die ADP-Ribosylierung, also die kovalente Bindung von einer oder mehrerer ADP-Ribose-Einheiten an Proteine. Gesetzt wird diese Proteinmodifikation von Enzymen aus der Familie der Poly(ADP-Ribose)-Polymerasen (PARPs), die im Zellkern lokalisiert sind. Eine andere Enzymfamilie, die Poly(ADP-Ribose)-Glycohydrolasen (PARGs) kann einzelne ADP-Ribosemoleküle wieder abspalten und die Proteinmodifikation so verkürzen oder ganz entfernen. Unter Stressbedingungen können ADP-Riboseketten auf Proteinen der Stressantwort so dynamisch auf- und wieder abgebaut werden. Eine Funktion der Protein-ADP-Ribosylierung liegt in der Regulation der pflanzlichen Stressantwort auf abiotische und biotische Stressfaktoren. Dazu zählen sowohl die Infektion durch Pflanzenpathogene als auch Dürre-, Hitze- oder Salzstress. Weitgehend unbekannt ist hingegen, welche Proteine unter diesen Stressbedingungen ADP-ribosyliert werden und wie dies zu einer Resistenz gegenüber Umweltstress und Pflanzenkrankheiten führt.
Viele Pflanzenschädlinge schleusen Proteine in die Wirtszellen ein, die durch ADP-Ribosylierung von Pflanzenproteinen die Abwehrmechanismen unterbinden [1]. Genaue Informationen darüber, welche Pflanzenproteine modifiziert werden, liefern ein besseres Verständnis der Infektionsstrategien von Pflanzenschädlingen. Darüber hinaus trägt dieses Wissen zur Züchtung von Pflanzen mit erhöhter Krankheitsresistenz bei. In Zusammenarbeit mit der Gruppe Proteomanalytik der Abteilung BPI haben wir eine Methode entwickelt, die die durch Pflanzenschädlinge ADP-ribosylierten Proteine mittels Proteinmassenspektrometrie nachweisen kann [2]. Weiterentwicklungen dieser und ähnlicher Methoden werden uns helfen zu verstehen, wie ADP-Ribosylierung die biologische Funktion von Pflanzenproteinen beeinflusst und wie dies dazu beiträgt, dass Pflanzen sich besser gegen ungünstige Umweltbedingungen und Pflanzenschädlinge verteidigen können.
Protein-ADP-Ribosylierung ist eine dynamische Proteinmodifikation. Unter Stressbedingungen übertragen Enzyme der PARP-Familie ADP-Ribose-Einheiten (als gelbe Kreise dargestellt) auf Proteine der Stressantwort. Dieser Prozess kann wiederholt ablaufen, so dass lange ADP-Riboseketten entstehen. Enzyme der PARG-Familie können ADP-Riboseketten verkürzen bzw. entfernen. Ein Ziel unserer Forschung ist zu verstehen, wie sich die Mono- bzw. Poly-Form der Modifikation auf die Funktion von Proteinen der Stressantwort auswirkt. Grafik: Lennart Wirthmüller, IPB
Funktion von SRO-Proteinen in der pflanzlichen Stressantwort
Proteine der SIMILAR TO RCD ONE (SRO)-Familie spielen eine wichtige Rolle als Knotenpunkte der Signalverschaltung im Zellkern. Mutationen in SRO-Genen beeinflussen die Dürreresistenz von Reis- und Maispflanzen und wurden genutzt, um eine besonders Salzstress-tolerante Weizensorte zu züchten. Außerdem spielen SRO-Proteine eine zentrale Rolle bei der zellulären Toleranz gegenüber freien Radikalen, die unter Stressbedingungen vermehrt gebildet werden. Im Rahmen des DFG-finanzierten Sonderforschungsbereichs SNP2Prot untersuchen wir in Zusammenarbeit mit Prof. Milton T. Stubbs (MLU Halle-Wittenberg), inwieweit sich natürliche Sequenzvariationen in SRO-Proteinen für eine Verbesserung der pflanzlichen Stresstoleranz nutzen lassen. Dazu kooperieren wir innerhalb des Sonderforschungsbereichs außerdem mit Dr. Carolin Delker (MLU Halle-Wittenberg), um zu verstehen, wie SRO-Proteine an Transkriptionsfaktoren binden und so die Regulation von pflanzlichen Stressantwortgenen beeinflussen.
Obwohl SRO-Proteine mit den oben genannten PARPs verwandt sind, können nur einige SRO-Proteine ADP-Riboseeinheiten auf Zielproteine übertragen. Andere SRO-Proteine haben diese Funktion verloren, tragen aber trotzdem zur pflanzlichen Stresstoleranz bei [3]. Um zu verstehen, warum einige SRO-Proteine inaktiv sind, haben wir die 3D-Strukturen der PARP-verwandten Bereiche von SRO-Proteinen aus Weizen sowie der Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) aufgeklärt [4 und 5]. Diese Einblicke auf Molekülebene bilden die Grundlage für ein besseres Verständnis der Unterschiede zwischen aktiven und inaktiven SRO-Proteinen. Unser Ziel ist es, in Zukunft allein anhand der Proteinsequenz und KI-basierten Verfahren der Proteinstrukturmodellierung verlässliche Vorhersagen zur Aktivität von SRO-Proteinen aus Nutzpflanzen treffen zu können. Hinsichtlich des Klimawandels wird ein besseres Verständnis der molekularen Funktionsweise von SRO-Proteinen dazu beitragen, besonders vorteilhafte SRO-Varianten zu identifizieren, die die Stresstoleranz von Nutzpflanzen erhöhen können.
SRO-Proteine als Regulatoren der pflanzlichen Stressantwort. Links: SRO-Proteine bilden Proteinkomplexe mit Transkriptionsfaktoren, die unter Stressbedingungen aus der Membran des Endoplasmatischen Reticulums freigesetzt werden. Dadurch regulieren SRO-Proteine den Anteil der Transkriptionsfaktoren, die an die DNA binden und Stressantwortgene aktivieren. Rechts: 3D-Struktur der PARP-ähnlichen Domäne des SRO1-Proteins aus Weizen. Die blau dargestellten Reste des Proteins vermitteln die erhöhte Salzstresstoleranz, die grün gefärbten Reste entscheiden über die enzymatische Aktivität des Proteins. Grafik: Lennart Wirthmüller, IPB
Diese Seite wurde zuletzt am 02 Oct 2019 11 Dec 2024 04 Feb 2025 04 Feb 2025 01 Aug 2024 geändert.