Bedeutender Hallenser Chemiker gestorben

Mit großem Bedauern haben die Mitarbeiter des Leibniz-Institutes für Pflanzenbiochemie (IPB) erfahren, dass ihr langjähriger ehemaliger Direktor Professor Klaus Schreiber am 9. Juni 2009 gestorben ist. Klaus Schreiber leitete das Vorgängerinstitut des IPB, das damalige Institut für Biochemie der Pflanzen der Akademie der Wissenschaften der DDR von 1968-1989.

Die Zeit seines Direktorats war geprägt durch wirtschaftliche und politische Rah- menbedingungen, die eine Praktizierung erfolgversprechender Forschungsarbeit erheblich erschwerten. Durch staatliche Kontrolle ins Korsett der wirtschaftlichen Nützlichkeit gezwungen, hatten die wissenschaftlichen Institute der DDR einen Balanceakt zwischen freier Wissenschaft und geforderter Staatstreue zu vollführen. Anwendungsorientierte Forschung dominierte die Arbeit am Institut ebenso wie der Kampf um den Titel Kollektiv der sozialistischen Arbeit. Geforscht wurde an Kartoffel und Getreide; gefunden und patentiert wurden etliche pflanzliche und synthetische Substanzen, die der Steigerung der Erträge oder der Unkraut- und Schädlingsbekämpfung dienlich waren.

Schreiber wurde jedoch nicht müde, den politischen Entscheidungsträgern zu er- klären, dass man Halmstabilisatoren, Herbizide oder Wachstumsregulatoren nur anwenden kann, wenn man ihre Wirkungsweise versteht und demzufolge generelle Kenntnisse über die physiologischen Grundlagen pflanzlicher Wachstums- und Differenzierungsprozesse besitzt. So ist es seinen taktischen Fähigkeiten zu verdan- ken, dass am Institut die Grundlagenforschung nicht zum Erliegen kam, sondern im Gegenteil weiterhin eine wichtige Rolle spielte; sie wurde dem Staat unter dem Decknamen langfristige Vorlaufforschung schmackhaft gemacht.

Als studierter Chemiker sorgte Schreiber zudem für eine stärkere Wichtung der chemischen Projekte im Haus. Die Analysetechnik wurde modernisiert, die Biblio-thek zunehmend auch mit chemischer Fachliteratur ausgestattet und der Anteil an ausgebildeten Chemikern wuchs. Mit dieser Einbeziehung der Naturstoffchemie in das bisher biologisch/pharmazeutisch fokussierte Forschungsgeschehen schärfte Schreiber das Profil des Institutes und gab ihm letztendlich sein Gesicht. Noch heute gelten die enge Verzahnung von biologischen und chemischen Themen und die Nutzung modernster chemischer Analyseverfahren zur Bearbeitung von biologischen Fragestellungen als Alleinstellungsmerkmal des IPB in der deutschen Forschungslandschaft. 

Hintergrundinformationen zur Person:

Klaus Schreiber, 1927 in Lübeck geboren, studierte Chemie an der Universität Rostock, wo er auch promovierte. Er habilitierte 1962 an der Universität Jena und war bis 1968 Abteilungsleiter am Zentralinstitut für Genetik und Kulturpflanzenfor- schung in Gatersleben. Von 1968-1989 leitete er das Institut für Biochemie der Pflanzen. Er war Professor für Naturstoffchemie und Biochemie sowie Mitglied der Leopoldina, der Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Landwirt- schaftswissenschaften. In den 21 Jahren seiner Leitung wurden am Institut etwa 1600 Fachpublikationen veröffentlicht, 140 Patente erteilt, 70 Promotionen und 20 Habilitationen abgeschlossen.

Zum IPB:

Das Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft. Sein Vorgänger-Institut, das Institut für Biochemie der Pflanzen, wurde als Forschungsstätte der Akademie der Wissenschaften der DDR 1958 von Kurt Mothes gegründet. Am 1. Januar 1992 erfolgte im Rahmen der Evaluierung durch den Wissenschaftsrat die Neugründung des Institutes und seine Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft (damals noch Blaue Liste). Heute gehört das IPB zu den renommiertesten Instituten auf dem Gebiet der Pflanzenforschung. Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens im letzten Jahr hat das IPB ein Buch zur Geschichte veröffentlicht, das von interessierten Personen bei der Pressereferentin des Instituts Sylvia Pieplow angefordert werden kann.

Diese Seite wurde zuletzt am 08 Nov 2012 geändert.