+++ Newsticker Wissenschaft #36 +++ Phytohormone +++

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Wie TIR1 und AUX/IAA tanzen. Bild: Niemeyer et al.

AUX/IAAs und TIR im Paartanz

Pflanzen haben die erstaunliche Fähigkeit, sich feindlichen Umgebungen anzupassen und unter widrigen Umständen zu gedeihen. Signalmoleküle wie Auxin sind schon in sehr geringen Konzentrationen aktiv und können das Wachstumsverhalten der Pflanzen bestimmen. Die Fähigkeit von Auxin, komplexe physiologische und morphologische Veränderungen in Zellen herbeizuführen, hängt davon ab, wie die intrazelluläre Auxinmenge wahrgenommen wird. Auxin ist wie Musik, die bestimmte Proteine zu einem ganz besonderen Paartanz anregt, der schließlich fatal für einen Partner endet. Einer der Tanzpartner ist TRANSPORT INHIBITOR RESPONSE 1 (TIR1) oder eines seiner Homologe AUXIN F-BOX PROTEINS1-5, der die anderen Tanzpartner, die AUXIN/INDOLE 3-ACETIC ACID (AUX/IAA)-Repressorproteine, für sich gewinnt. Das durch Auxin herbeigeführte Bindungsereignis zwischen TIR1 und AUX/IAAs begünstigt, dass AUX/IAAs von Ubiquitin markiert (Ubiquitylierung) und daraufhin durch die proteolytische Maschinerie zerstört werden. Wenn AUX/IAAs, die als transkriptionelle Repressoren wirken, das Parkett räumen, können Transkriptionsfaktoren aktiv werden und Wachstums- und Entwicklungsgene einschalten.

Seitdem entdeckt wurde, dass TIR1/AFBs und AUX/IAAs als Auxin-Co-Rezeptorsystem fungieren, fragen sich Forscher, wie die Choreographie von TIR1 und AUX/IAAs genau aussieht. In einem multidisziplinären Ansatz haben Wissenschaftler der Gruppe Signalintegration am IPB zusammen mit Kooperationspartnern der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf das Geheimnis hinter dem Auxin-gesteuerten TIR1-AUX/IAA-Tanz weiter gelüftet. Ihre Ergebnisse wurden jüngst in Nature Communications veröffentlicht (Niemeyer et al.).

AUX/IAA-Proteine beinhalten ein Abbausignal oder Degron, sowie eine Oligomerisierungsdomäne und zwei flexible, intrinsisch ungeordnete Regionen (IDRs) oder Arme in der Nähe des Degrons. Schon länger weiß man, dass Auxin den Co-Rezeptorkomplex aus TIR1/AFBs und AUX/IAAs zusammenhält, indem es die Bindung zwischen TIR1 und dem Degron der AUX/IAAs verstärkt. Nun haben die Forschungsgruppen Calderón Villalobos, Sinz und Kastritis mit biochemischen und strukturbiologischen Methoden sowie computergestützten Berechnungen Momentaufnahmen der Co-Rezeptor-Paare TIR1-IAA7 und TIR1-IAA12 angefertigt. Diese zeigten, dass die flexiblen AUX/IAA-Regionen und die Oligomerisierungsdomäne TIR1 umarmen und so ebenfalls zu dem Bindungsereignis beitragen. Die identifizierten Kontaktstellen dienten als Grundlage für Computermodellierungen. So wurden neuartige Interaktionsflächen zwischen den TIR1 und AUX/IAAs entdeckt, die schließlich für die Auxin-Reaktionen in vivo relevant sind.

Angesichts der verschiedenen möglichen Auxin-Co-Rezeptor-Kombinationen eröffnen die Ergebnisse von Niemeyer et al. einen Weg, Auxin-Reaktionen in Pflanzen besser zu verstehen. Aus dieser Forschung gingen weiterführende IPB-MLU-Kooperationen hervor, wie das von der DFG finanzierte Graduiertenkolleg GRK 2467 "Intrinsisch ungeordnete Proteine - Molekulare Prinzipien, zelluläre Funktionen und Krankheiten".

Gastbeitrag von L.I.A. Calderón Villalobos und Elena Moreno Castillo

Originalpublikation:
Michael Niemeyer, Elena Moreno Castillo, Christian H. Ihling, Claudio Iacobucci, Verona Wilde, Antje Hellmuth, Wolfgang Hoehenwarter, Sophia L. Samodelov, Matias D. Zurbriggen, Panagiotis L. Kastritis, Andrea Sinz & Luz Irina A. Calderón Villalobos. Flexibility of intrinsically disordered degrons in AUX/IAA proteins reinforces auxin co-receptor assemblies. Nat Commun 11, 2277 (2020). https://doi.org/10.1038/s41467-020-16147-2

Wie TIR1 und AUX/IAA tanzen. Bild: Niemeyer et al.

Diese Seite wurde zuletzt am 19 Mar 2025 geändert.