Der Leibniz-Forschungverbund Wirkstoffe und Biotechnologie hat dieses Jahr einmalig den Preis „Leibniz-Biotechnologie Prozess 2019“ verliehen. Das Forscherteam von Professor Ludger A. Wessjohann und Dr. Martin Dippe am Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) wurde für seine Forschung zum nachhaltigen großtechnischen Produktionsprozess des bittermaskierenden Flavanons Homoeriodictyol (HED) ausgezeichnet.
Homoeriodictyol (HED) stellt das aktive Prinzip des Wüstenstrauchs Eriodictyon californicum dar – einer bereits von indigenen Völkern Mexikos genutzten Medizinalpflanze. HED zeigt eine ausgesprochen bittermaskierende Wirkung, weshalb großes Interesse an einer Anwendung dieses Naturstoffes in der Lebensmittel- und pharmazeutischen Industrie besteht. HED kann jedoch nicht in ausreichenden Mengen aus Pflanzenmaterial gewonnen werden, da Eriodictyon nicht angebaut werden kann und die Wildbestände der Pflanze bedroht sind.
Ziel des Projekts war es daher, ein nachhaltiges Verfahren zur großtechnischen Produktion von HED zu entwickeln. Chemisch gesehen handelt es sich um ein Flavanon, das sich biosynthetisch aus dem in Pflanzen ubiquitär vorkommenden Vorläufer Naringenin ableitet. Naringenin ist zudem in großen Mengen verfügbar. Es fällt als billiges, jedoch kaum wirtschaftlich genutztes Abfallprodukt aus Pressrückständen der Orangensaft-Produktion an. Die Umwandlung von Naringenin zu HED erfolgt in zwei enzymatischen Schritten (Patente WO2016/050656A1, 15188136.4, WO2016/050656A1). Vorteile des Verfahrens sind, dass (I) ein Abfallprodukt biotechnologisch in einen hochpreisigen Wirkstoff aufwertet wird, und (II) es ohne die externe Zugabe der kostenintensiven Kofaktoren (NADPH und S-Adenosylmethionin) auskommt, die dem zellulären Grundstoffwechsel entnommen werden.