+++ Newsticker Wissenschaft #102 +++ Biokatalyse +++

Größeres Substratspektrum durch Enzym-Engineering.

Enzyme sind aufgrund ihrer hohen Regio- oder Stereoselektivität sehr effektiv in der direkten selektiven Oxygenierung von chemischen Verbindungen. Um organische Substratmoleküle zu hydroxylieren, verwendet man neben der vorherrschenden Klasse der Cytochrom-P450-Enzyme zunehmend auch flavinabhängige Monooxygenasen. Forscher des IPB haben nun gemeinsam mit Kollegen der MLU gezielt die prototypische flavinabhängige Monooxygenase 4-Hydroxyphenylacetat 3-Hydroxylase (4HPA3H) aus E. coli optimiert. Das Enzym katalysiert die Hydroxylierung von phenolischen Verbindungen zu ihrer Brenzkatechinform. Nun sollte 4HPA3H in die Lage versetzt werden, auch sterisch anspruchsvollere Substrate zu akzeptieren. Dafür verglichen die Forscher Schlüsselpositionen im aktiven Zentrum, die in der Nähe des Substrat-Phenolrings liegen, mit denen von verwandten Enzymen. Auf dieser Grundlage tauschten sie einige Reste des aktiven Zentrums mit recht großen Seitenketten gegen weniger sperrige aus und konnten so mehr Platz für Substratmoleküle schaffen. Während die Wildtyp-Form z.B. p-Cumarsäure oder Umbelliferon als Substrat akzeptiert und in Kaffeesäure bzw. Esculetin umwandelt, kann das veränderte Enzym nun auch Ferulasäure und Naringenin hydroxylieren. Beides sind größere Substrate, die von der Wildtyp-Form nicht umgesetzt werden können. Damit zeigen die Forscher zum ersten Mal eine zielgerichtete Erweiterung des Substratspektrums einer flavinabhängigen Monooxygenase und eröffnen neue Möglichkeiten für Biotransformationen.

Originalpublikation:
Dippe, M., Herrmann, S., Pecher, P., Funke, E., Pietzsch, M. and Wessjohann, L. (2022), Engineered bacterial flavin-dependent monooxygenases for the regiospecific hydroxylation of polycyclic phenols. ChemBioChem. Accepted Author Manuscript. https://doi.org/10.1002/cbic.202100480