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Modulare Enzyme für die Synthese von Hemicellulose.

Nahrung, Kleidung, Bau- und Brennstoffe - seit Jahrhunderten nutzt der Mensch die Kohlenhydratpolymere, die Pflanzenzellen umhüllen. Das wohl bekannteste unter ihnen, die Cellulose, besteht aus linear verbundenen Glucoseeinheiten und verleiht als faserige Struktur der Zellwand Stabilität. Aber die Stabilität wäre nicht perfekt ohne die vernetzenden Hemicellulosen, die aus verschiedenen Zuckereinheiten wie z.B. Glucose, Arabinose und Mannose bestehen und eine verzweigte Polymerstruktur besitzen. Zwar kann man verschiedenste Hemicellulosen aus Holz extrahieren, doch ist wenig darüber bekannt, wie man diese Verbindungen biotechnologisch in Hefezellen herstellen und nach Bedarf anpassen kann. Wissenschaftler des IPB haben nun gemeinsam mit Kollegen der Universität Düsseldorf die biotechnologische Hemicelluloseproduktion ein ganzes Stück vorangebracht.

Die Forscher nutzten pflanzliche Cellulose Synthase-like A (CSLA)-Enzyme, um eine Klasse der Hemicellulosen, die Heteromannane (HM), im Pichia pastoris-Hefeexpressionssystem zu produzieren. Dafür verwendeten sie ein Enzym aus Arabidopsis thaliana, von dem man annimmt, dass es vorwiegend reines Mannan synthetisiert, und eines aus Amorphophallus konjac, von dem man annimmt, dass es in erster Linie eine Glucomannan-Synthase ist. Sie vertauschten die Domänen dieser Synthasen und untersuchten erstens, wie die resultierenden Chimären die Lebensfähigkeit der Hefe während der Expression beeinflussen, und zweitens, welche HM-Zusammensetzung von diesen Chimären hervorgebracht wird.

Die Forscher fanden heraus, dass eine anhaltende Expression der A. konjac-Glucomannan-Synthase die Biomasse-Akkumulation der Hefe und letztlich die Lebensfähigkeit der Zellen beeinträchtigte. Wenn jedoch die C-terminale Region gegen die des A. thaliana-Enzyms ersetzt wurde, hemmte die so veränderte Synthase das Hefewachstum nicht mehr und zeigte eine erhöhte HM-Produktion. Zudem konnten zwei weitere chimäre CSLA-Enzyme identifiziert werden, die mehr β-1,4-verknüpftes Mannan als die elterlichen Enzyme produzierten und das Hefewachstum nur minimal beeinträchtigten. Darüber hinaus fanden die Forscher heraus, dass die HM-Ausbeute und der Glukoseeinbau gesteigert werden kann, wenn ein Co-Faktor aus Arabidopsis zusammen mit den chimären CSLA-Proteinen exprimiert wird.

Hemicellulosen weisen geeignete chemisch-physikalische Eigenschaften für den Einsatz als nachhaltige Biopolymere in Lebensmitteln, Medikamenten und Kosmetika auf. Die Studie eröffnet neue Wege für die Produktion und das Engineering von Polysaccharid-basierten Biomaterialien und kann helfen, eine nachhaltige Bioökonomie voranzutreiben.

Originalpublikation:
Robert, M., Waldhauer, J., Stritt, F. et al. Modular biosynthesis of plant hemicellulose and its impact on yeast cells. Biotechnol Biofuels 14, 140 (2021). https://doi.org/10.1186/s13068-021-01985-z

Diese Seite wurde zuletzt am 19 Mar 2025 geändert.