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Omics-Einblicke in pflanzliche Resilienz bei Lichtstress.

Intensive Lichtbedingungen bedeuten für die Pflanze Stress, denn dadurch entstehen vermehrt reaktive Sauerstoffspezies (ROS) in den Zellen, die andere Moleküle mit wichtigen biologischen Funktionen schädigen. Auf diesen photooxidativen Stress reagieren Pflanzen mit verschiedenen Anpassungen.

Wissenschaftler des IPB Halle und der Universität Münster haben nun einen umfassenden Überblick über diese starklichtbedingten Anpassungsreaktionen in Arabidopsis thaliana gewonnen. Dazu nutzten sie einen Multi-Omics-Ansatz inklusive Transcriptomics, Redox-Proteomics und Metabolomics.

Die Analysen erfolgten über einen Zeitraum von 2 Minuten bis zu 72 Stunden nach dem Wechsel von normalen Lichtbedingungen zu Starklicht. Zudem markierten die Forscher Kohlenstoffdioxid (CO₂), die Kohlenstoffquelle der Photosynthese, mit einem ¹³C-Isotop und konnten so Stoffflüsse unter hohen und normalen Lichtbedingungen verfolgen.

Die mit modernsten experimentellen Ansätzen gewonnenen Ergebnisse bieten wertvolle Einblicke in die Photosynthese und metabolische Anpassungen bei Starklichtbedingungen. Die Photosynthese, die in den Chloroplasten beleuchteter Pflanzenzellen aus Lichtenergie und Kohlendioxid energiereiche Nährstoffe aufbaut, läuft bei Starklicht Gefahr, überschüssige Elektronen in Form des Reduktionsäquivalents NADPH anzuhäufen, was wiederum die ROS-Bildung begünstigen kann.

Konzertierte Stoffwechselumlagerungen wirken dem auf verschiedene Weise entgegen. Auf Transkriptionsebene werden innerhalb von Sekunden Komponenten der Photosynthese-Lichtsammelkomplexe herunterreguliert, während Faktoren, die eine Überreduktion abfangen, innerhalb von Minuten hochreguliert werden. Auf Stoffwechselebene wird die Photorespiration, eine Nebenreaktion der Photosynthese, bei der Sauerstoff verbraucht wird, intensiviert. Die verstärkte Aktivität der Photorespiration unter Starklicht scheint überschüssige Elektronen aus der übersättigten Photosynthese außerdem in andere Zellkompartimente zu leiten und schützt so die Pflanzenzelle vor einem Redoxungleichgewicht und ROS-Schäden.

Parallel dazu akkumulieren große Mengen an C4-Säuren (Malat, Fumarat) in den Vakuolen unter Starklichtbedingungen. Gemessen an der molaren Kohlenstoffmenge übersteigt die Menge dieser Säuren sogar die Stärke, die in den Chloroplasten gespeichert wird. So bemüht die Pflanze also einen alternativen Mechanismus, um überschüssige Energie in Form von reduzierten Kohlenstoffverbindungen zu speichern.

Diese erhöhte Bildung von C4-Säuren überraschte die Forscher, da die de-novo-Synthese von C5- und C4-Säuren über den Zitratzyklus während der Lichtphase nahezu inaktiv ist. Mit dem eingeschränkten Kohlenstofffluss am Tag stellten sich zwei Schlüsselfragen: Wie werden diese großen Mengen an C4-Säuren erzeugt? Und wie wird die mitochondriale Aktivität bei Starklicht aufrechterhalten? Die Metabolomics-Analysen lieferten folgende Antworten: Erstens stellt die verstärkte Photorespiration Glycin bereit, um die Mitochondrien mit Kohlenstoff und NADH zu versorgen. Zweitens werden C4-Säuren aus Trioseverbindungen über einen reduktiven Weg durch das Enzym Phosphoenolpyruvat-Carboxylase (PEPC) gebildet.

Darüber hinaus beobachteten die Forscher einen konzertierten Anstieg von zahlreichen spezialisierten Stoffwechselprodukten. Innerhalb der ersten 24 Stunden produzieren Arabidopsis-Blätter zunehmend Lichtschutzverbindungen wie Anthocyane und Tocopherole, die bekannt dafür sind, ROS-Aktivität zu abzufangen. Erst nach 48 Stunden hoher Lichtintensität steigen die Level von Carotenoiden, Xanthophyllen und Plastochinonen an, während die transkriptionelle Herunterregulation der Lichtsammelkomplexe aufgehoben wird. Das deutet auf eine Umstrukturierung des Photosyntheseapparats in der späteren Phase hin.

Die Ergebnisse stellte das Autorenteam jüngst in der Fachzeitschrift The Plant Journal als „Resource-Artikel“ vor. Während einzelne pflanzliche Antworten auf Lichtstress bereits gut untersucht waren, lieferte die vorliegende Studie nun erstmals eine breit angelegte Erfassung all dieser Reaktionen unter einheitlichen Versuchsbedingungen und eine aktualisierte Sicht auf die pflanzliche Photosynthese.

Originalpublikation:
Balcke, G.U., Vahabi, K., Giese, J., Finkemeier, I. and Tissier, A. (2024), Coordinated metabolic adaptation of Arabidopsis thaliana to high light. Plant J, 120: 387-405. https://doi.org/10.1111/tpj.16992

Diese Seite wurde zuletzt am 19 Mar 2025 geändert.