Wie eine Ferrooxidase Pflanzenwurzeln für phosphatarmen Boden wappnet.
Phosphat ist ein essentieller Nährstoff für die Pflanze. Doch im Boden wechselwirken Metalle wie Eisen mit dem knappen Nährstoff und bilden schwer lösliche Komplexe, was die Verfügbarkeit des Phosphats für die Wurzel weiter einschränkt. Wissenschaftler des IPB erforschen, wie Pflanzenzellen auf die antagonistischen Nährstoffe Phosphat und Eisen reagieren und ihr Wachstum entsprechend anpassen.
Bisher war bekannt, dass in phosphatarmen Böden das Wachstum der Primärwurzel zugunsten der Ausbildung von Seitenwurzeln gehemmt wird. So kann eine größere Wurzeloberfläche und eine bessere Aufnahme des begehrten Nährstoffes in den oberen Bodenschichten erreicht werden. Ein entscheidender molekularer Player für die Reaktion auf den lokalen Phosphatgehalt rund um die Wurzeln ist das Gen LPR1. Wissenschaftler des IPB haben vor einigen Jahren herausgefunden, dass bei lpr1-Mutanten unter phosphatarmen Bedingungen das erwartete gehemmte Tiefenwachstum ihrer Wurzeln ausbleibt. Doch wie genau LPR1 die Phosphatmangelantwort vermittelt war bisher unklar. Außerdem lag die Vermutung nahe, dass LPR1 in das Redoxgleichgewicht der Eisen-Ionen eingreift, denn erstens ähnelte die LPR1-Gensequenz stark denen von Multikupferoxidasen und zweitens zeigten Wildtyp-Pflanzen im Experiment nur in der Gegenwart von Eisen eine Phosphatmangelreaktion mit gehemmtem Primärwurzelwachstum.
Nun konnte ein Forscherteam unter Leitung von Wissenschaftlern des IPB erstmals zeigen, dass LPR1 tatsächlich die Enzymaktivität einer Ferrooxidase besitzt. Es bindet mit hoher Spezifität Fe2+ als Substrat und oxidiert es zu Fe3+. So trägt es zum Redoxcycling der Eisen-Ionen in den Zellzwischenräumen der Wurzelspitze bei, wobei reaktive Sauerstoffspezies entstehen können. Diese wiederum führen zu abdichtenden Kallose-Ablagerungen im Wurzelspitzenmeristem und schließlich zum Stillstand des Wurzelwachstums. Bei der genaueren Analyse der Proteinstruktur von LPR1 stießen die Wissenschaftler auf verblüffende Ähnlichkeit zu einem bakteriellen Enzym. Ausführliche phylogenetische Analysen von Multikupferoxidasen und LPR1-ähnlichen Enzymen aus Pflanzen, Tieren, Bakterien und Archaeen brachten die Forscher zu der Hypothese, dass das pflanzliche LPR1 durch horizontalen Gentransfer von einem Bodenbakterium auf einen Vorläufer der Landpflanzen übertragen worden sein könnte. Dafür spricht das Vorkommen von LPR1-verwandten Genen in einigen Algen, die als Schwesterkladen der Landpflanzen gelten. Die Forscher vermuten, dass ein Vorläufer der LPR1-Ferrooxidase während der frühen bakteriellen Kolonisierung des Festlandes entstand und dann mehrmals durch horizontalen Gentransfer in verschiedene Organismengruppen übertragen wurde, wo er sich jeweils weiter anpasste.
Mit ihrer Studie konnten die Hallenser Wissenschaftler zeigen, dass Pflanzen mit Hilfe der Ferrooxidase LPR1, die im Boden verfügbares Eisen umsetzt, auf Phosphatmangel reagieren können. Sie liefern Indizien dafür, dass Pflanzen diese Fähigkeit im Laufe der Evolution von Bakterien erlangten und so für den Landgang ausgerüstet wurden.
Originalpublikation: Naumann, C., Heisters, M., Brandt, W., et al. (2022) Bacterial-type ferroxidase tunes iron-dependent phosphate sensing during Arabidopsis root development. Current Biology. Available at: http://dx.doi.org/10.1016/j.cub.2022.04.005.