Synthetische Wirkstoffe steigern den Effekt von Chemotherapeutika auf Darmkrebszellen.
Gemessen an der rasanten Zellteilungsrate von Tumoren, ist das umgebende Gewebe oft zu wenig durchblutet und daher schlecht mit Sauerstoff versorgt. Dieser Sauerstoffmangel trägt dazu bei, dass solide Tumoren wie z.B. Dickdarmkrebs schlechter auf Strahlen- oder Chemotherapien ansprechen. Carboanhydrasen sind körpereigene Enzyme, die die Reaktion von Kohlendioxid mit Wasser zu Kohlensäure und auch die umgekehrte Reaktion beschleunigen. Sie werden in hypoxischen Tumorgeweben oft verstärkt gebildet, was zu einer Ansäuerung des Gewebes führt und die Therapieresistenz der entarteten Zellen noch verstärkt. Diese Überexpression der Carboanhydrasen wird demnach mit einer aggressiveren Tumorbiologie und einer schlechteren Prognose in Verbindung gebracht. Das macht die Carboanhydrasen zu interessanten Angriffszielen für neue, die Krebstherapie unterstützende, Medikamente. In einem internationalen Team haben IPB- und MLU-Chemiker jüngst 20 neue Derivate von 4-(Pyrazolyl)benzolsulfonamid-Harnstoffen synthetisiert, die sie als SH7a-t bezeichneten.
Alle SH7-Verbindungen wurden auf die Hemmung der tumorassoziierten humanen Carboanhydrasen IX und XII getestet und zeigten in der Tat eine Inhibierung der Enzyme im niedrigen nanomolaren Bereich. Anschließend wurden die Verbindungen vom National Cancer Institute in den USA auf ihre Aktivität auf 60 verschiedene Tumorzelllinien überprüft. In diesem Screening erwies sich ein Vertreter dieser Reihe, die SH7s-Verbindung, als vielversprechender Kandidat mit einem breiten Wirkungsspektrum gegen eine Vielzahl an Krebszelllinien, allen voran Leukämie, Lungenkrebs, Melanom, Dickdarm-, Prostata- und Brustkrebs.
In weiterführenden Untersuchungen fand man, dass SH7s die Wirkung des klinisch zugelassenen Krebsmedikaments Taxol® auf Kolorektalkrebszelllinien enorm verstärkt. Diese etwa 30-fache Steigerung der Taxol-Wirksamkeit durch SH7s erfolgte jedoch nur unter hypoxischen, also sauerstoffdefizitären Zellkultivierungsbedingungen. Bei ausreichender Sauerstoffzufuhr der Tumorzellkulturen zeigte sich keine Wirkungsverstärkung von SH7s auf das Krebsmedikament. Taxol selbst wirkt unter Sauerstoffmangel nur halb so gut wie unter normoxischen Bedingungen. SH7s, so das Fazit der Wissenschaftler, gilt als vielversprechender Kandidat für die Chemosensibilisierung von kolorektalen Tumoren und wird wahrscheinlich auch in vivo gute Ergebnisse erzielen. Eine Wirkung von SH7s auf andere Enzyme, vor allem auf Kinasen als wichtige Signalketten-Enzyme, konnte von den Wissenschaftlern ausgeschlossen werden.

