Die Fähigkeit mikrobieller Krankheitserreger (Pathogene) zur Besiedelung ihrer Wirtspflanzen ist das Ergebnis chemischer Kommunikationsprozesse, die auf einer Vielzahl molekularer Interaktionen sowohl im Verlauf der Evolution als auch während der spezifischen Wirt-Pathogen-Wechselwirkungen beruhen. Pflanzen lernten dabei, Pathogene anhand struktureller Muster auf unterschiedlichen Spezifitätsebenen zu erkennen und Abwehrmechanismen zu initiieren. Die Pathogene passten sich an, indem sie Mechanismen entwickelten, um der Erkennung zu entgehen und die pflanzliche Physiologie zu beeinflussen. Im Mittelpunkt unserer Arbeiten steht eine Blattfleckenkrankheit der Getreide und anderer Süßgräser (Poaceae), die durch Pilze der Gattung Rhynchosporium verursacht werden. Insbesondere die Schädigung der Gerste, die regional über 50% betragen kann, ist dabei von ökonomischer Relevanz. Denn auch Ernteverluste von durchschnittliche nur ca. 5% in den Hauptanbaugebieten führten 2015 zu geschätzten Ertragseinbußen von etwa 460 Mio. €.
Die Rhynchosporium-Blattfleckenkrankheit
Die Gattung Rhynchosporium umfasst fünf wirtsspezifische Arten. R. commune infiziert vor allem die Kulturgerste (Hordeum vulgare) und weitere Hordeum-Arten, R. secalis befällt Roggen (Secale cereale) und Triticale (x Triticosecale) und R. agropyri verschiedene Quecken (Agropyron spp.). Diese drei evolutionär jungen Rhynchosporium-Arten entstanden vermutlich nach dem Wirtswechsel eines gemein¬samen Vorfahren in Nordeuropa und bilden eine der beiden Gruppen (BCG) des Rhynchosporium-Stammbaums. Die andere Gruppe (CCG) umfasst R. orthosporum und R. lolii, die pathogen auf Wiesenknäuelgras (Dactylis glomerata) bzw. Deutschem Weidelgras (Lolium perenne) sind. Am intensivsten untersucht ist das Gerstenpathogen R. commune. Dieser Pilz wächst extrazellulär in Blättern seiner Wirtspflanzen zwischen der Cuticula und den äußeren Wänden der Epidermiszellen. Die typischen Krankheitssymptome entstehen erst nach einer langen symptomlosen Entwicklungsphase, die im Freiland mehrere Monate dauern kann. Die Lebensweise des Pilzes wird als hemibiotroph eingestuft.
Forschungsziele
Ausgehend von der nahen Verwandtschaft insbesondere der BCG-Arten ist das Ziel unserer Arbeiten die Aufklärung der Mechanismen, die den Pilzen die individuelle Anpassung an ihre Wirtsarten ermöglichen. Dabei wird die Rolle einer möglichen sexuellen Fortpflanzung als Grundlage biologischer Variabilitätsentstehung ebenso wie die Bedeutung von Enzymen zum Abbau der pflanzlichen Zellwände und von Sekundärstoffen für die spezifische Virulenz der einzelnen Pilzarten mit in Betracht gezogen. Wichtigster Ansatzpunkt ist jedoch die Identifizierung artspezifischer Effektorproteine, die während der Penetration und Kolonisierung der Wirtspflanze zur Optimierung der pilzlichen Lebenssituation sezerniert werden.
Diese Seite wurde zuletzt am 06 Jun 2012 10 Feb 2017 16 Feb 2017 16 Feb 2017 geändert.