zur Suche springenzur Navigation springenzum Inhalt springen

20.05.2016

Pop-Art meets Händel

Pünktlich zu den Händelfestspielen zeigt das IPB Portraits von Halles beliebtestem Sohn in allen denkbaren und manch undenkbaren Lebenslagen. Die Vernissage am 19.05.2016 lockte ein breites Publikum aus allen Teilen der Stadt. Die Bilder von Bruno S. Otto können bis Mitte August 2016, werktags von 9:00 bis 15:00 am Institut besichtigt werden. 

Die Werke von Bruno S. Otto zeigen den großen Komponisten immer verzerrt in Form und Farbe, nicht unbedingt realistisch, aber doch lebendig agierend und damit aus einer ganz anderen Perspektive als jene der majestätischen Versteinerung, die den Hallenser täglich vom Sockel her grüßt. Und so wirken die Händelportraits trotz aller Entfremdung seltsam vertraut. Die Phantasie findet Nahrung hier: So oder ähnlich könnte sich Händel tatsächlich einst in Halle und anderswo bewegt haben. Und wenn man den Faden dann weiter spinnt, kommt man unweigerlich auf die Frage: Was war Händel eigentlich für ein Mensch?

In den heutigen Quellen findet man über Händel viel Göttliches, viel Meisterliches, aber menschliches? Händel hatte weder Frau noch Kinder. Wen hat er geliebt? Nur seine Musik? Er selbst betrachtete diese eher als Handwerk denn als Kunst. Schamlos und äußerst effektiv hat er immer wieder bei sich selbst geklaut. Bei seiner hohen Produktivität ist das vielleicht sogar verständlich. 42 Opern und 25 Oratorien flossen einst aus seiner heißen Feder. Er muss gearbeitet haben wie ein Workoholic. Er war äußerst geschäftstüchtig, umtriebig, gewieft – als erster wahrer Europäer führte sein Weg bereits mit 18 Jahren hinaus aus der Enge der Saalestadt in die Weiten der Welt.

Er wirkte zunächst in Hamburg, dann in Italien, später in Hannover und endlich in London, wo er nicht nur als Komponist, sondern auch als Opernunternehmer bis zu seinem Tod, im Jahre 1759, tätig war. Lernbegierig war er. Und flexibel. Etwa um 1740, als er erkennt, dass die italienische Oper in London nicht mehr en vogue ist, erfindet er sich komplett noch mal neu und schreibt fortan nur noch Oratorien. Seine Geschäftstüchtigkeit brachte ihm Ruhm und Geld. Aber wie war er als Mensch? 

War er aufbrausend oder jähzornig? Oder doch eher sanft? Oder nur kühl kalkulierend und rational? Wollte man von seinen Werken auf seinen Charakter schließen, dann muss Händel voll gewesen sein von Leidenschaft, von Sinnlichkeit, Hass und Intrigen, von verzweifelter Liebe und schwülstiger Üppigkeit - aber ob diese Quellen seiner Kreativität im wahren Leben auch existierten oder nur in seinem Kopf sprudelten - ist nicht bekannt. Nichts weiß man über Liebschaften und Mätressen, über Beziehungen zu Sängerinnen und Kastraten – das alles bleibt im Dunkeln und damit unserer Phantasie überlassen. Die menschliche Gier nach privaten Details bleibt in seinem Fall ungestillt.

Händel war eben ein richtiger A-Promi. Er hatte es nicht nötig, sich mit privaten Sensationen interessant zu machen. Wir können, was diese Sensationen betrifft, nur spekulieren und phantasieren. Und mit seinen Bildern hilft Bruno S. Otto felißig mit: beim Spekulieren und Phantasieren. Zumindest ein Anfang ist damit gemacht. Das Thema ist durchaus noch ausbaufähig. 

IPB Mainnav Search