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31.08.2006

Metalltolerante Pflanzen – eine Frage der Genaktivität?

Stephan Clemens forscht ab September als Professor für Pflanzenphysiologie an der Universität Bayreuth

Ab sofort zur Veröffentlichung frei - 31.08.2006

Am 1. September 2006 verlässt Dr. Stephan Clemens das Leibniz-Institut für Pflan­zenbiochemie (IPB) in Halle. Der Leiter der Arbeitsgruppe Metallhomöostase wird einem Ruf an die Universität Bayreuth folgen und dort den Lehrstuhl für Pflan­zenphysiologie besetzen. Stephan Clemens ist seit 1998 als Gruppenleiter in der Abteilung Stress- und Entwicklungsbiologie am IPB beschäftigt. Im Jahre 2003 er­langte er seine Habilitation und die Lehrbefugnis im Fach Botanik.

Im Zentrum seiner Forschungsarbeiten stehen so genannte Metallhyperakkumulierer. Das sind Pflanzen, die normalerweise toxische Schwermetallkonzentrationen im Bo­den nicht nur tolerieren, sondern auch in der Lage sind, die aufgenommenen Metalle in ihren Blättern zu speichern. Anhand der Modellpflanzen Arabidopsis thaliana (Ak­kerschmalwand) und Arabidopsis halleri  (Hallers Schaumkraut) untersucht Clemens die molekularen Mechanismen der pflanzlichen Metallhomöostase und Metalltole­ranz. Dabei geht es zunächst um eine Bestandsaufnahme aller Faktoren, die im All­gemeinen an der Aufnahme und Verwertung sowie im Speziellen an der Toleranz und Speicherung von Metallen in der Pflanze eine Rolle spielen.

Die beiden untersuchten Pflanzenarten sind sehr eng miteinander verwandt, aber im Gegensatz zu A. thaliana ist A. halleri befähigt, Cadmium und Zink in hohen Konzen­trationen zu tolerieren und zu speichern. Hallers Schaumkraut besiedelt Standorte, wie alte Kupferhalden im Harz, an denen die Ackerschmalwand aufgrund der hohen Metallbelastung der Böden keine Chance hätte als Art zu überleben. In ihrer Gen­ausstattung unterscheiden sich die beiden Pflanzenarten kaum, wohl aber in der Art und Weise, wie und wann sie bestimmte Gene aktivieren. Mithilfe der Affymetrix-Gene-Chips-Methode haben die Wissenschaftler die Aktivität der Gene beider Arten miteinander verglichen. Den Ergebnissen zufolge sind in A. halleri eine Reihe von Genen viel stärker angeschaltet, als in A. thaliana. Diese Gene codieren beispiels­weise für Metalltransporter oder Enzyme, die an der Synthese von metallbindenden Molekülen beteiligt sind. Pflanzliche Anpassung an extreme Standortbedingungen scheint demnach eher in der veränderten Regulation einzelner Gene begründet zu sein, als in der Existenz von besonderen „Toleranzgenen“.

Die Eigenschaft der Metalltoleranz und viele andere Merkmale des pflanzlichen Stoffwechsels hängen jedoch nicht ausschließlich von der Aktivität der Gene im Zell­kern ab. Vielmehr existieren innerhalb der Zellen zusätzliche Mechanismen, die aus den ursprünglichen Genprodukten, den Proteinen, eine Reihe von modifizierten Pro­teinen mit veränderten Eigenschaften hervorgehen lassen. Zudem sorgt eine Vielzahl von Enzymen für die Entstehung eines breiten Spektrums an pflanzlichen Sekundär­metaboliten. Gerade diese Vielfalt an sekundären Stoffwechselprodukten und modi­fizierten Proteinen befähigt die Pflanzen adäquat auf Stresssituationen und sich verändernde Umweltbedingungen zu reagieren. Stressanpassungs­mechanis­men, wie die Metalltoleranz, lassen sich deshalb nur verstehen, wenn man die Faktoren auf Protein- und Metabolitenebene kennt und deren Zusammenspiel begreift. Bisher sind nur sehr wenige dieser Moleküle identifiziert. In einem groß angelegten Meta­bo­lo­mics-Projekt (Metabolite Profiling in Arabidopsis und Nutz­pflanzen) versucht sich Clemens gemeinsam mit anderen Arbeitsgruppen des IPB in einer generellen Be­standsaufnahme dieser sekundären Pflanzenstoffe. Mit Sicherheit werden unter den identifizierten Molekülen einige Substanzen sein, die bei zellulären Reaktionen auf Stress, wie z.B. einem Überangebot an Metallen, eine wichtige Rolle spielen.

Die Kenntnis der molekularen Mechanismen der Metallhyperakkumulation könnte in Zukunft im Konzept der Phytoremediation praktische Bedeutung erlangen. Darunter versteht man die Reinigung metallverseuchter Böden durch Metallhyperakkumulierer, die, auf diesen Flächen angebaut, einen Großteil der Metalle aus dem Boden ziehen und in den Blättern speichern würden. Anschließend braucht man sie nur noch zu ernten. Ein weiterer praktischer Aspekt der pflanzlichen Metallhomöostase, ist die Entwicklung von Nutzpflanzen, die für den Menschen lebenswichtige Metalle wie Ei­sen oder Zink in ihren essbaren Teilen speichern oder auch die Züchtung von Pflan­zen, bei denen der Gehalt an toxischen Metallen wie Cadmium deutlich reduziert ist.

Bevor das Wissen über die Mechanismen des pflanzlichen Metallhaushaltes jedoch seine praktische Anwendung findet, bedarf es noch einiger Jahre an Grund­lagen­forschung, die Stephan Clemens in Zukunft vertiefend an der Universität Bayreuth durchführen wird. Das IPB verliert mit ihm einen hervorragenden Wissenschaftler, der sich als Leiter des Wissenschaftlichen Institutsrates auch in Bereichen außerhalb seines Forschungsgebietes engagierte. Wir wünschen ihm für seine Zukunft viel Erfolg.

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