Süße Tomaten durch Mykorrhiza
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Mykorrhizapilze sind als natürlicher Pflanzendünger im Garten- und Landschaftsbau immer mehr gefragt. Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) ist es gemeinsam mit Partnern der INOQ GmbH und des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) erstmals gelungen, ein Mykorrhizasubstrat für die kommerzielle Tomatenproduktion zu entwickeln. Im Großversuch unter konventionellen Anbaubedingungen erwiesen sich die Früchte mykorrhizierter Pflanzen bei gleichem Ertrag als qualitativ hochwertiger, als jene der nicht-mykorrhizierten Kontrollpflanzen. Das Projekt wurde von der BMBF-Förderinitiative KMU-innovativ für kleine und mittelständische Unternehmen gefördert. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen direkt zum Projektpartner, der INOQ GmbH, und in die erstmalige Herstellung von geeigneten Mykorrhizapräparaten für den Tomaten-Großanbau.
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Die Mykorrhiza ist eine Symbiose zwischen Pilzen und Pflanzen, die weit verbreitet ist. Etwa 80 Prozent aller Landpflanzen gehen diese Lebensgemeinschaft mit ca.
200 verschiedenen Arten von Mykorrhizapilzen ein. Viele Pflanzenarten sind zum optimalen Wachstum auf ihre spezifischen Mykorrhizapilze angewiesen. Der Pilz
besiedelt die Wurzel der Pflanze und versorgt seinen Wirt mit Wasser und Nährstoffen, wie Stickstoff und Phosphat. Im Gegenzug erhält er von der Pflanze Zucker,
der das eigene Überleben sichert. Im Ergebnis der Symbiose wächst die Pflanze schneller, bildet mehr Früchte und ist oft resistenter gegen Trockenstress und Krankheitsbefall.
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Die Kultivierung der Pilze als heilsbringende Symbiosepartner von Kulturpflanzen steht jedoch vor vielen Herausforderungen, da einige Pflanzenarten sich gar nicht
mykorrhizieren lassen und andere die Symbiose nur unter bestimmten Bedingungen und bevorzugt mit bestimmten Pilzarten eingehen. Professionelle Hersteller von
Mykorrhiza-Präparaten sind daher ständig auf der Suche nach passenden Pilzarten und optimalen Besiedlungsbedingungen für ausgewählte Kulturpflanzenarten. Für
den kommerziellen Anbau von Tomatenpflanzen in Gewächshäusern beispielsweise gibt es bisher kein geeignetes Mykorrhizasubstrat. Unter Laborbedingungen hingegen können
Tomaten gut mykorrhiziert werden, was am IPB seit Jahren erfolgreich zu Forschungszwecken geschieht. Das war der Grund, das KMU-Kooperationsprojekt Mycotom ins
Leben zu rufen. Mit dem Ziel, die Erkenntnisse aus der Mykorrhiza-Forschung in die Praxis zu transferieren, starteten die beiden Leibniz-Institute gemeinsam
mit der INOQ GmbH im Januar 2017 ihre eigene fruchtbare Symbiose.
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Tomaten im IPB-Gewächshaus. Foto: IPB Halle
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Als geeigneter Symbiosepartner, der mit kommerziellen Tomatensorten wie Picolino und Brioso interagiert, erwies sich Rhizophagus irregularis - ein Mykorrhizapilz, der
weltweit verbreitet ist und viele Pflanzenarten besiedelt. Am IPB, unter Leitung von Mykorrhiza-Expertin Professor Bettina Hause wurden verschiedene Bodensubstrate
getestet. In großen Gewächshäusern für den kommerziellen Anbau verwendet man zumeist Kokosmatten zur Anzucht der Pflanzen – in der Forschung hingegen Blähton.
„Das Kokossubstrat erwies sich als gänzlich ungeeignet zur Mykorrhizierung“, konstatiert Bettina Hause. „Wir haben lange Testreihen mit Substraten durchgeführt,
die unterschiedliche Kokos- und Torfanteile aufweisen, ehe wir eine geeignete Mischung fanden, auf der sich die Pflanzen mykorrhizieren lassen.“
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Ein noch größeres Problem stellte die Düngung dar. Tomatenpflanzen lassen die Besiedlung durch den Mykorrhizapilz nur dann zu, wenn sie in Not sind. Unter Laborbedingungen
stresst man die Pflanzen, indem man ihnen nur 20 Prozent ihrer benötigten Phosphatmenge zugesteht. Unter diesem Nährstoffmangel mykorrhizieren die Pflanzen
sehr schnell, um mit Hilfe des Pilzes noch die letzten Mineralien aus dem Boden zu ziehen. Unter kommerziellen Anzuchtbedingungen hingegen werden die Pflanzen
voll gedüngt, damit die Ernte reich und vollmundig ausfällt. Die IPB-Wissenschaftler fanden heraus, dass die Pflanzen bei einem Phosphatangebot von 70% die
Besiedlung ihrer Wurzeln mit Rhizophagus irregularis zulassen, ohne dabei einen Ertragsverlust zu erfahren. „Die Mykorrhizierung erfolgt
hier zwar langsam, aber sie ist stabil“, sagt Bettina Hause.
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Im Anschluss an die geglückte Mykorrhizierung unter Großanzuchtbedingungen entdeckten die Wissenschaftler, dass die Symbiose sich auch auf den Geschmack der Tomaten
positiv auswirkt. Früchte von mykorrhizierten Pflanzen enthielten mehr Zucker, mehr antioxidativ wirksames Lycopin und sehr viel mehr Aminosäuren als jene der
nicht-mykorrhizierten Kontrollpflanzen. Fazit: Wer gesunde und schmackhafte Tomaten will, sollte die Pflanzen mykorrhizieren. Mit Hilfe dieser Ergebnisse entwickelt
die INOQ GmbH kommerziell erhältliche Mykorrhiza-Substrate, die von Züchtern und Gärtnern als natürlicher Dünger eingesetzt werden können. Besonders bei Tomaten-Großproduzenten wird
sich dieser Schritt auch finanziell auswirken, da an mineralischem Phosphordünger gespart werden kann.
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Vor allem wegen ihrer Fähigkeit Phosphate aus dem Erdreich zu mobilisieren, spielen Mykorrhizapilze auch bei der Reduzierung von Mineraldünger eine Rolle, denn die natürlichen
Vorräte an anorganischem Phosphor werden in ca. 40-70 Jahren aufgebraucht sein. Mykorrhizapräparate finden zunehmend nicht nur im Garten- und Landschaftsbau, sondern
auch zur Rekultivierung von Bergbaufolgelandschaften, zur Sanierung von schwermetall- und salzbelasteten Flächen, bei Deponiebegrünungen und Aufforstungen Verwendung.
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Originalpublikation: Ramona Schubert, Stephanie Werner, Hillary Cirka, Philipp Rödel, Yudelsy Tandron Moya, Hans-Peter Mock, Imke Hutter,
Gotthard Kunze & Bettina Hause. Effects of Arbuscular Mycorrhization on Fruit Quality in Industrialized Tomato Production. International Journal of Molecular Sciences. 2020,
21(19), 7029; https://doi.org/10.3390/ijms21197029
Ansprechpartnerin: Prof.
Dr. Bettina Hause Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie Tel: 0345 5582 1540 bhause@ipb-halle.de
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