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17.12.2013

Cofaktor bestimmt Kettenlänge

Biosynthese von Geranyldiphosphat (GDP) und Farnosyldiphosphat (FDP) im Meerrettichblattkäfer. Die beiden Ausgangsstoffe mit jeweils 5 Kohlenstoffatomen, das Isopentenyldiphosphat (IDP) und das Dimethylallyldiphosphat (DMADP) werden entweder zum Geranyldiphosphat mit 10 Kohlenstoffatomen oder zum Farnosyldiphosphat mit 15 Kohlenstoffatomen zusammengesetzt. Das katalysierende Enzym, die Isoprenyldiphosphatsynthase nutzt für diese unterschiedlichen Reaktionen verschiedene Cofaktoren.

Bei der Erklärung eines ungewöhnlichen Regulierungsmechanismusses von Enzymen hat Wolfgang Brandt unseren Kollegen, den Insektenexperten vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena geholfen. Demnach kann ein einziges Enzym, die Isoprenyldiphosphatsynthase (IDS) aus dem Meerrettichblattkäfer (Phaedon cochleariae) Terpene mit unterschiedlicher Kettenlänge herstellen. Stehen Mangan- oder Cobaltionen als Cofaktoren zur Verfügung katalysiert die IDS vorrangig die Synthese von Geranyldiphosphat (GDP) mit einer Kettenlänge von zehn Kohlenstoffatomen. Aus Geranyldiphosphaten produzieren die Larven des Meerrettichblattkäfers Monoterpene, die sie als Wehrsekrete z. B. gegen Ameisen einsetzen. In Gegenwart von Magnesiumionen als Cofaktor erfolgt hingegen die Produktion von Farnesyldiphosphat (FDP), welches aus 15 aneinandergereihten Kohlenstoffatomen besteht. Die Farnesyldiphosphate dienen den Käfern als Ausgangsstoffe für die Synthese von Sesquiterpenen für die Produktion von bestimmten Entwicklungshormonen.

Pflanzen verwenden für die Synthese des C10-Monoterpens GDP und des C15-Sesquiterpens FDP unterschiedliche Enzyme, nämlich die Geranyldiphosphatsynthase und die Farnesyldiphosphatsynthase. Dieses Reaktionsgeschehen hatte man bisher auch für Insekten angenommen - eine Hypothese, die zumindest für die Meerrettichblattkäfer jetzt widerlegt werden konnte. Vermutlich haben die Insekten mit der Cofaktor-abhängigen Regulation einen effizienten Weg gefunden, mit nur einem Enzym zwei verschiedene Produkte zu erhalten. Dies ist umso erstaunlicher, da die Entwicklungshormone zum Primärstoffwechsel der Käfer zählen; die larvalen Wehrsekrete hingegen als Produkte des Sekundärstoffwechsels angesehen werden. Mit einem einzigen Enzym werden hier also beide Stoffwechselarten bedient.

Mit seiner Expertise in Proteinmodelling und quantenmechanischen ab initio-Berechnungen konnte Wolfgang Brandt den Zusammenhang zwischen Cofaktor und Kettenlänge etwas genauer beleuchten. Demnach wird die Kettenlänge der produzierten Substanz von der Größe einer hydrophoben Tasche im aktiven Zentrum des IDS-Enzyms beeinflusst. Cobalt- und Manganionen verfügen über einen fast doppelt so großen Van-der-Waals-Radius wie Magnesium. Diese Unterschiede in der Größe der Cofaktoren könnten eine Konformationsänderung des Enzyms oder eine Neuausrichtung der Substrate zur Folge haben, was sich in einer unterschiedlichen Kettenlänge des Endprodukts wiederspiegelt. Wie es den Käfern gelingt, die unterschiedlichen Cofaktoren zeitlich und räumlich im Organismus zu verteilen, ist jedoch noch unklar.

Mit dieser Arbeit, die in PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, Impact: 9,7) publiziert wurde, beleuchteten die Wissenschaftler einen wichtigen Scheidepunkt des Terpenstoffwechsels. Gleichzeitig zeigten sie auf, dass eine breite Substratspezifität von Enzymen auch von äußeren Faktoren, wie den Cofaktoren, beeinflusst werden kann. Substrat- und Produktspezifität eines noch nicht untersuchten Enzyms können demnach nicht immer anhand von ähnlichen Aminosäuresequenzen vorhergesagt werden; vielmehr bedarf es, vor allem bei Enzymen des Terpenstoffwechsels, genauer biochemischer Untersuchungen zur Bestimmung ihrer Funktion.

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Aus Geranyldiphosphaten (GDP) produzieren die Larven des Meerrettichblattkäfers Monoterpene, die sie als Wehrsekrete z. B. gegen Ameisen einsetzen. Foto: MPI Jena

Die Farnesyldiphosphate (FDP) dienen den Käfern als Ausgangsstoffe für die Synthese von Sesquiterpenen für die Produktion von Entwicklungshormonen.

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