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Back To The Roots

Chemische Kommunikation der Wurzel im Fokus des neuen Paktes für Forschung und Innovation


Dass Wurzeln Pflanzen an ihren Standort binden, um sie mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen, ist gemeinhin bekannt. Trotz dieser erzwungenen Ortstreue sind Pflanzen ihrem Standort nicht hilflos ausgeliefert. Sie verfügen vielmehr über Mechanismen, die sie befähigen, Trockenheit, Nährstoffmangel, Krankheitsbefall und andere Stressauslöser adäquat abzuwehren und zu überleben. Dies tun sie zu einem Großteil mit genau jenem Organ, das sie im Boden verankert: mit der Wurzel. Pflanzen sind demnach in der Lage, die unmittelbare Umgebung ihrer Wurzeln (Rhizosphäre) ihren Bedürfnissen anzupassen und zu modulieren. Wie sie das machen, soll jetzt in einem neuen Forschungsprojekt im Rahmen des Paktes für Forschung und Innovation näher untersucht werden.

Das Paktprojekt zum Thema Chemische Kommunikation in der Rhizosphäre wird seit April 2011 von der Leibniz-Gemeinschaft mit 1,2 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre gefördert. Mit diesen Geldern wollen die Wissenschaftler des Leibniz-Institutes für Pflanzenbiochemie (IPB) zusammen mit Kooperationspartnern der Martin-Luther-Universität
und anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen, vorhandene Ideen, Technologien und Kompetenz gemeinsam nutzen, um die Dynamik im Wurzelraum besser zu verstehen. Innerhalb des Verbundes ist das IPB mit fünf Teilprojekten beteiligt und hat als Hauptantragsteller und Koordinator einen großen Beitrag zur Einwerbung der Fördermittel geleistet.

Abb. 1
Abb. 1

Gemessen am Stand der Erkenntnisse ist die Wurzel, im Gegensatz zu den oberirdischen Organen der Pflanze, bisher wenig untersucht. Dabei leistet sie mit einer Oberfläche, die bis zu zehnmal größer sein kann, als das entsprechende Blattwerk, einen erheblichen Beitrag zum Überleben der Pflanze (siehe Abb. 1). Bekannt ist, dass Wurzeln schwerlösliche und damit für die Pflanze nicht verfügbare Bodenmineralien lösen können. Bei Nährstoffmangel erhöhen sie ihre Verzweigungsstruktur. Sie senden Signalstoffe aus, die nützliche Mikroorganismen anziehen oder schädliche Bodenbewohner vertreiben. Manche Pflanzen verbreiten über ihre Wurzeln Substanzen, die andere Pflanzen als potentielle Nahrungskonkurrenten am Wachstum hindern.

Abb. 2
Abb. 2

Diese von der Wurzel ins Erdreich sekretierten Substanzen bilden ein komplexes Stoffgemisch aus Zuckern, Eiweißen, organischen Säuren, Sekundärstoffen und weiteren Komponenten. In seiner Zusammensetzung ist dieses Stoffgemisch, das sogenannte Wurzelexsudat, nicht konstant; vielmehr ändern sich Art und Menge seiner Komponenten dynamisch und abhängig vom Entwicklungsstadium der Pflanze (Keimung, Wachstum Blüten-und Samenbildung) oder in Reaktion auf sich ändernde Umweltfaktoren.

Mit sogenannten hydroponischen Kulturen (siehe Abb. 2) werden die ausgeschiedenen Substanzen von Arabidopsis-Wurzeln gesammelt und analysiert.

Wurzel unter Nährstoffmangel

Während man bisher nur bestimmte exsudierte Substanzen und deren Auswirkungen auf die Pflanze untersuchte, will man im Rahmen des Paktprojektes eine umfassende Bestandsaufnahme der Komponenten der pflanzlichen Wurzelexsudate durchführen und deren Veränderung unter bestimmten Bedingungen dokumentieren. So sollen z.B. im Projekt von Professor Steffen Abel Arabidopsispflanzen unter Nährstoffmangel, hauptsächlich von Phosphat, Eisen, Stickstoff- und Schwefelverbindungen angezogen werden und die entsprechenden Muster der Wurzelexsudate bestimmt werden.

Abb. 3 Die Abbildungen zeigen die Auswirkungen von Phosphatmangel auf Arabidopsiswurzeln. Links ist eine Arabidopsispflanze unter normalen Anzuchtbedingungen sowie deren Wurzelstruktur dargestellt. Rechts zeigt eine Pflanze unter Phosphatmangel. Die Pflanzen reagieren darauf mit einer drastischen Veränderung ihrer Wurzelarchitektur. Dies geht wahrscheinlich auch mit einer Änderung ihres Exsudat-Musters einher.

Genetischer Hintergrund

Zudem weisen unterschiedliche Pflanzensorten auch unterschiedliche Spektren ihrer Exsudatsubstanzen auf. Diese Unterschiede, vermutet man, sind genetischer Natur. Im Rahmen des Paktes soll auch hierfür der Beweis erbracht werden. In Kooperation mit Wissenschaftlern der Martin-Luther-Universität, des Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben und des Institutes für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) Großbeeren will man zunächst die Exsudate von 19 verschiedenen Arabidopsis-Ökotypen analysieren, um den Zusammenhang zwischen Genausstattung und Exsudatmuster zu beleuchten (Teilprojekt Professor Dierk Scheel).

Dynamik der Mikroben

Besonders schwierig gestaltet sich Untersuchung der Auswirkung von Wurzelexsudaten auf die Dynamik von Mikrobenpopulationen im Wurzelraum. In diesem Teilprojekt soll bestimmt werden, welche Bakterienarten sich im Wurzelraum von Arabidopsis ansiedeln. Anschließend wird überprüft, welche Wurzelexsudate sich positiv oder negativ auf das Wachstum der Bakterienkolonien auswirken. Auch hier verwendet man die oben genannten Ökotypen, um die Relation zwischen Genregulation, Exsudatmuster und Mikrobenbesiedlung aufzudecken.

Abb. 4 Modellpflanze für Mykorrhizierungen: Wurzel von Medicago truncatula in Symbiose mit dem Mykorrhizapilz Glomus intraradices
Abb. 4 Modellpflanze für Mykorrhizierungen: Wurzel von Medicago truncatula in Symbiose mit dem Mykorrhizapilz Glomus intraradices

Exsudatmuster der Mykorrhiza

Dass die Besiedlung von Wurzeln mit Mykorrhizapilzen sich positiv auf Wachstum und Krankheitsresistenz der entsprechenden Pflanze auswirken kann, wird am IPB intensiv erforscht. Dass eine solche Symbiose zwischen Pilz und Pflanzenwurzel andere Exsudatkomponenten hervorbringt als unmykorrhizierte Wurzeln, ist inzwischen bewiesen. Die Bestandsaufnahme aller Komponenten des Wurzelexsudats nach Kontakt mit Mykorrhizapilzen steht indes noch aus und soll im Teilprojekt von Prof. Dr. Bettina Hause anhand der Modellpflanze Medicago truncatula in der Interaktion mit dem Pilz Glomus intraradices vorgenommen werden (siehe Abb. 4). Auch in diesem Projekt geht es vorrangig um die Analyse von genetischen Ursachen für verschiedene Exsudatmuster von verschiedenen Medicago-Linien, sowie um einen möglichen Zusammenhang zwischen Genen, Wurzelmetaboliten und der Fähigkeit der jeweiligen Pflanze, mit Mykorrhizapilzen eine Symbiose einzugehen.

Zielvorgaben

Mit dem Wissen um die genaue chemische Zusammensetzung der Exsudate sollen die Zusammenhänge zwischen Wurzelkommunikation und Pflanzenvitalität aufgeklärt und besser verstanden werden. „In Relation zu den Umweltbedingungen ändert sich nicht nur das Exsudat, sondern auch das Wachstum der Wurzel und damit auch das der gesamten Pflanze“, erklärt Professor Dierk Scheel, Koordinator des Paktprojektes und Leiter der Abteilung Stress- und Entwicklungsbiologie. „Im positiven Fall wächst die Pflanze besser, bildet mehr Biomasse aus und ist resistenter gegen Trockenstress und den Befall von Krankheitserregern.“
Ein besseres Verständnis der genetischen Regulation der Exsudatproduktion könnte in der Zukunft zur Züchtung von vitaleren Pflanzensorten führen, deren Wurzeln die chemische Kommunikation besser „beherrschen“ als andere, weil sie schneller und flexibler auf widrige Bedingungen reagieren.

Rhizosphärenkonsortium

Im Angesicht der drängenden agrarökonomischen Probleme ist von den Partnern des Paktes die Initiierung eines interdisziplinären Rhizosphärenprojektes geplant. „Die Biologie der Rhizosphäre ist ein Großprojekt“, sagt Dierk Scheel. „Das kann man erfolgversprechend nur im Verbund angehen.“

Der Pakt für Forschung und Innovation

ist als Bundesförderinitiative der außeruniversitären Forschungseinrichtungen das Pendant zur Exzellenzinitiative, die die deutschen Universitäten fördert. Innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft werden die Gelder des Paktes im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens an die Mitgliedsinstitute verteilt. Demnach hat jedes Leibniz-Institut nur einmal im Jahr die Möglichkeit einen Paktantrag zu stellen und diesen in Konkurrenz zu den anderen Mitgliedseinrichtungen durchzusetzen. Das IPB war seit Beginn des Förderzeitraums 2006 bereits fünf Mal und davon vier Mal als Hauptantragsteller an diversen Paktanträgen beteiligt.

Partner des Paktprojektes Chemische Kommunikation der Rhizosphäre sind neben dem IPB das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben, das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Halle und die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Diese Seite wurde zuletzt am 28.02.2013 geändert.

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